Besuch beim Partnerschaftskomitee

Diese Frage stellte ich mit befreundeten Grünen beim Partnerschaftskomitee des Bezirks Unterfranken.

In Unterfranken gibt es bereits 93 über ganz Frankreich verteilte deutsch-französische Partnerschaften, die einen regen kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Austausch pflegen. Das Partnerbüro des Bezirks Unterfranken konzentriere 95 % seiner Kräfte auf Frankreich, das sei in Bayern einzigartig, aber es gebe weitaus weniger Austausch mit anderen Ländern, erklärte Frau Elise Lethorey vom Partnerschaftskomitee des Bezirks Unterfranken der Bundestagsabgeordneten Beate Walter-Rosenheimer (GRÜNE) und weiteren Gästen, die sich auf Initiative des Bezirksrates Gerhard Müller (GRÜNE) über die Möglichkeiten, weitere Partnerschaften mit dem Bezirk einzugehen, informierten.

Bürgermeister Waldemar Brohm (CSU) und Dr. Latif Celik, der seit 21 Jahren als selbständiger Journalist und Herausgeber in Würzburg lebt, berichteten vom bisher einzigartigen Projekt einer Partnerschaft zwischen Margetshöchheim und Posanti in der türkischen Provinz Adana. Brohm betonte, „das sind für mich Margetshöchheimer mit türkischen Wurzeln, so wie ich Dettelbacher Wurzeln habe“ und fragte nach den Chancen einer deutsch-türkischen Partnerschaft. Müller meinte es gäbe gute Gründe für die Erweiterung der Partnerschaften des Bezirks um eine Kooperation mit der Türkei, denn schließlich seien die deutsch-türkischen Mitbürger die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe in Deutschland und Unterfranken. Man brauche Leute, die Direktverbindungen in die Region haben, wie z. B. den aus Adana stammenden Dr. Celik. Der Ursprung liege oft in wirtschaftlichen, aber auch sehr persönlichen Beziehungen. Der Bezirksrat könne sich vorstellen, dass der Bezirk für solche Initiativen offen sei.

Mit Interesse hörte MdB Walter-Rosenheimer, dass laut Dr. Celik jeder fünfte Türke einen Verwandten in Deutschland habe. Er stellte heraus, dass die Provinz Adana als Region für Unterfranken sehr interessant sei, es gäbe mehr als 200 Jahre geschichtliche Zusammenhänge mit vielen deutschen Wurzeln, z. B. der Bau „Bagdad-Bahn“ durch das Taurus-Gebirge, aber auch Textilarbeiter, die in den 70er Jahren nach Aschaffenburg gekommen seien. CSU-Kreisrat Brohm ergänzte mit Blick auf die aktuelle politische Situation, dass „wenn man Europa leben will und verstehen will, muss man diese Gedanken auch in die Türkei tragen. Wir verschieben die Grenzen nach Osten, die Ukraine soll Teil der europäischen Union werden, aber den größten Nachbarn im Osten lassen wir außen vor“.

Die Landtagsabgeordnete Kerstin Celina (GRÜNE) bedauerte die Visumspflicht türkischer Reisender, was eine Partnerschaft im Vergleich zu Frankreich schwieriger machen würde, dennoch gäbe es viel Austausch. Ihre Erfahrungen aus der Partnerschaft mit Israel, die der Landkreis Würzburg seit vielen Jahren pflege, sprächen jedoch dafür, dass eine Partnerschaft auch unter ungünstigen Rahmenbedingungen gut funktionieren könne. Brohm und Müller waren sich einig, dass die Netzwerke nicht nur auf den Ebenen der Politik, z. B. der Gemeinden, aber auch des Bezirks, sondern gerade auch der Schule, Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft notwendig seien.

v.l.n.r.: Bezirksrat Gerhard Müller (Grüne), Mücahit Tunca, MdB Beate Walter-Rosenheimer (Grüne), Bürgermeister Waldemar Brohm (CSU) aus Margetshöchheim, MdL Kerstin Celina (Grüne) und Historiker und Journalist Dr. Latif Celik (Würzburg)
v.l.n.r.: Bezirksrat Gerhard Müller (Grüne), Mücahit Tunca, MdB Beate Walter-Rosenheimer (Grüne), Bürgermeister Waldemar Brohm (CSU) aus Margetshöchheim, MdL Kerstin Celina (Grüne) und Historiker und Journalist Dr. Latif Celik (Würzburg)

Die Regionalpartnerschaft „Calvados – Unterfranken“ als gut funktionierendes Modell – was könnte eine türkisch-deutsche Regionalpartnerschaft daraus lernen?