Zusammen mit den grünen Bezirksrät*innen aus Bayern bin ich nach Südtirol gefahren, um mir vor Ort anzuschauen, welche Rahmenbedingungen es für ein inklusives Bildungssystem, für gelingende psychiatrische Versorgung und im Bereich von Kultur und Tourismus braucht. Erste Station der Reise war Miesbach und wir trafen uns mit dem grünen Landrat Wolfgang Rzehak. Gesprächsthemen waren insbesondere aktuelle sozial- und gesundheitspolitosche Herausforderungen auf den verschiedenen politischen Ebenen und unsere Gestaltungsmöglichkeiten als GRÜNE.

Gruppenbild der teilnehmenden Bezirksrät*innen vor der Goethe-Schule.
In Bozen folgte dann der Besuch bei der inklusiven Goethe-Grundschule und des Sozialwissenschaftlichen Gymnasiums, dessen Schuldirektorin Dr. Maria Meraner uns ungläubig fragte “Seid Ihr in Bayern immer noch nicht weiter? Ich war vor fünf Jahren im Bayerischen Landtag Expertin bei einer Anhörung und dachte, jetzt geht es endlich los bei Euch!” Quintessenz dieser beiden Besuche: Erfolgsfaktor der Inklusion in Südtirol sind die seit 1977 geltenden Rechtsnormen und die damit einhergehende Mentalität in Gesellschaft und Politik. Personelle Unterstützung für individuelle Bedarfe geht Hand in Hand einher mit Zweitlehrer*innen in den Klassen. Handlungsmaximen sind das Erreichen individuell gesteckter Lernziele statt Erreichen von Klassenzielen. Schulen verfügen über ein hohes Maß an Autonomie, das Lehrpersonal bildet sich ständig fort, um allen gerecht zu werden. Die gemeinsame Schulzeit bis zur 8. Klasse sowie die personenzentrierte statt leistungsorientierte Förderung zeichnen eine gute Blaupause für gelingende Inklusion. Therapeutische Kontinuität unabhängig von dem jeweiligen Aufenthaltsort zeichnet die Versorgung der Patient*innen in Bozen in erster Linie aus. Das bedeutet, dass die Patient*innen von Beginn der Behandlung etwa in einer Akutstation über die Reha und die Nachsorge im häuslichen Bereich innerhalb eines interdisziplinären Teams stets einen festen Ansprechpartner*in haben, mit dem sie vertrauensvoll zusammenarbeiten. Die geringe Zahl an stationären Betten, das Case Management und Empowerment der Betroffenen beeindruckten uns sehr.
Ich musste dann leider nach Hause fahren, will aber den Rest der Reise noch schildern: mit dem passionierten Historiker und Landtagsabgeordneten der Grünen in Südtirol, Hans Heiss, gab es einen kulturhistorischen Stadtspaziergang durch Bozen. Mit der Eröffnung des Informationszentrums im Siegesdenkmal wurde ein einstiges Denkmal des Faschismus in ein Mahnmal verwandelt. Erinnerungskultur findet im Rahmen von Kontextualisierung eines historischen Denkmals statt. Zitate von Hannah Arendt („Kein Mensch hat das Recht zu gehorchen“) und Berholt Brecht („Unglücklich das Land, das Helden nötig hat“) räumen in ihrem demokratischen Verständnis mit der Vergangenheit auf. Die Ausstellung an diesem neuralgischen Punkt der Stadt schlägt durch ihre Öffnung eine Brücke zum Frieden.

Gemütliches Beisammensein in Miesbach mit dem grünen Landrat Wolfgang Rzehak.
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