Haushalt 2022: Gehörlosengeld einführen

Mit der Einführung eines Gehörlosengeldes bzw. der Erweiterung des Bayerischen Blindengeldgesetzes (BayBlindG) zu einem Bayerischen Blinden- und Gehörlosengeldgesetz wird eine dauerhafte, chancenausgleichende Leistung geschaffen, welche die gleichberechtigte Teilhabe für gehörlose und hochgradig hörgeschädigte Menschen gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention ermöglicht. Derzeit würden von dieser Teilhabeleistung rund 15 000 Menschen in Bayern profitieren. Der Abbau jeglicher Barrieren und die Umsetzung der Inklusion stellt einen Gewinn für alle Bürgerinnen und Bürger dar – v. a. auch im Hinblick auf unsere alternde Gesellschaft.

Bislang besteht für gehörlose und schwerhörige Menschen eine Versorgungslücke: Viele Mehraufwendungen für die Bewältigung ihres Alltags sind durch bundes- und landesgesetzliche Leistungen noch nicht abgedeckt. Hierzu zählen beispielsweise die Anschaffung von optischen Rauchmeldern oder Lichtsignalanlagen. Vor allem bei der Teil- habe am Leben in der Gesellschaft sind sie auf Assistenzleistungen zur Kommunikation in Form von Gebärdensprachdolmetschern und Schriftdolmetschern angewiesen. Die Übernahme von Dolmetscherkosten und Kommunikationshilfen ist lediglich in Verwaltungsverfahren, beim Schul- und Hochschulbesuch, in Gerichtsverfahren sowie zur medizinischen Behandlung durch die Eingliederungshilfe abgedeckt. Auch mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) erfolgte keine Besserung: im privaten Bereich wird die Unterstützung durch Gebärdensprach- und Schriftdolmetscher bzw. -dolmetscher nur bei besonderen Anlässen übernommen. Für alltägliche Lebensbereiche – das Ehrenamt, Elterngespräche in der Schule, Beratungsgespräche bei größeren Anschaffungen – be- steht demnach kein Anspruch auf Unterstützungsleistungen. Gehörlose und schwerhörige Menschen sind somit einer erheblichen finanziellen Belastung bis hin zu einem Ausschluss von gesellschaftlichen Lebensbereichen ausgesetzt. Bundesländer wie Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen oder Sachsen-Anhalt und zuletzt Hessen haben bereits seit Längerem ein Gehörlosengeld in ihren Blindengeld- oder Landespflegegeldgesetzen verankert. Nach dem Vorbild anderer Bundesländer sollte deshalb auch Bayern ein abgestuftes Gehörlosengeld für gehörlose und hochgradig hörgeschädigte Personen einführen. Gehörlose Menschen erhalten nach unserem Gesetzentwurf einen Ausgleich in Höhe von 60 Prozent des Blindengeldes für blinde Menschen, mindestens jedoch einen Geldbetrag in Höhe von 352 Euro. Für die rund 9 000 gehörlosen Menschen mit dem Merkzeichen GL im Schwerbehindertenausweis entstehen demnach jährliche Kosten in Höhe von rund 38.000 Tsd. Euro. Für die hörbehinderten Menschen mit einem beidseitigen Hörverlust von mindestens 80 Prozent und einem Grad der Behinderung von 70 Prozent oder mehr, wird ein abgestuftes monatliches Gehörlosengeld in Höhe von 30 Prozent des an blinde Menschen gewährten Blindengeldes, mindestens jedoch ein Geldbetrag in Höhe von 176 Euro eingeführt. Bei derzeit rund 6 200 förderberechtigten Personen entsteht ein zusätzlicher Finanzbedarf von rund 13.000 Tsd. Euro jährlich. Mit Einführung zum 01.07.2022 beläuft sich der finanzielle Mehrbedarf für das Gehörlosengeld somit insgesamt auf 25,5 Tsd. Euro für das Haushaltsjahr 2022.